Union stimmt Bürger auf höhere Steuern ein

26.09.2013

Berlin (dpa). Unbeeindruckt von der Hängepartie bei der Koalitionssuche hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre abgewählte schwarz-gelbe Regierung für voll handlungsfähig erklärt. Weiterhin zeichnet sich nicht ab, mit welchem Partner – SPD oder Grüne – sie nach dem Scheitern der FDP regieren kann. Aus derUnion kamen Signale, die strikte Absage an Steuererhöhungen aus dem Wahlkampf aufzuweichen.


In der CDU-Führung werden Steuererhöhungen als Angebot an einen künftigen Koalitionspartner nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte auf eine entsprechende Frage: „Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen.“ CDU-Vize Armin Laschet stellte Kompromisse in Aussicht und schloss weder Steuererhöhungen noch Schwarz-Grün aus. „Natürlich werden wir in allen Themen kompromissbereit sein müssen. Sonst kriegen wir keine Koalition hin“, sagteder CDU-Chef von NRW.


Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), plädierte sogar für eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende. Der CDU-Wirtschaftsrat warnte dagegen eindringlich vor höheren Steuern. Die Union habe die Wahl auch deshalb gewonnen, weil die Menschen ihrem Grundsatz vertrauten, dass sich Leistung lohnen müsse. SPD und Grüne hatten im Wahlkampf höhere Steuern gefordert, die Union lehnte das strikt ab. Weitere Kompromisslinien müssten etwa auch im Streit um Mindestlöhne und das Betreuungsgeld gefunden werden.


Bei SPD und Grünen wächst die Skepsis gegenüber einer Koalition mit einer fast übermächtigen Union. Beide Parteien fürchten Nachteile etwa bei den 2014 anstehenden Kommunalwahlen und der Europawahl


Der Kandidat für die Grünen-Fraktionsspitze, Anton Hofreiter, zeigte sich aufgeschlossen gegenüber Gesprächen mit der Union über eine Koalition. Ein Bündnis unter Beteiligung von CSU-Chef Horst Seehofersei aber im Grunde unvorstellbar. Seehofer lehnt Gespräche mit Grünen-Spitzenleuten ab, die imWahlkampf eine Rolle gespielt haben. „Da sehe ich nicht, wie man mit so jemandem regieren könnensollte“, sagte Hofreiter. Laschet sieht im Rückzug Jürgen Trittins vom Fraktionsvorsitz ein positives Signalfür Koalitionsgespräche. „Wenn die Grünen für die Zukunft personell und politisch neue Schwerpunktesetzen, erleichtert das Gespräche.“


Seehofer bekräftigte: „Die CSU-Position ist klar: Wir haben eine Präferenz für die große Koalition.“Schäuble zeigte sich jedoch offen für eine Koalition mit den Grünen. Diese führten eine Diskussion, ob sie im Wahlkampf die falschen Akzente gesetzt hätten. „Das Ergebnis muss man abwarten“, sagte er. Eine Neuwahl werde es nicht geben: „Demokratische Parteien müssen miteinander arbeiten können, wenn sichder Pulverdampf des Wahlkampfs verzogen hat.“


Der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher scheint sich da nicht so sicher zu sein. Angesichts der schwierigen Regierungsbildung dringt er auf einen raschen Wiederaufbau seiner Partei. „Der sich erneuernden FDP wird viel Zeit auch deshalb nicht bleiben, weil keineswegs feststeht, dass die nächste Bundestagswahl erst in vier Jahren stattfindet.“ Grünen-Chef Cem Özdemir geht von einer großen Koalition aus: „Vorgezogene Neuwahlen sehe ich nicht als wahrscheinlich an.“